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"In Otto- und Dieselmotoren steckt noch Potenzial"

Untertürkheimer Zeitung 28.12.2006

SERIE: DER MOTOR - HERZ DES AUTOMOBILS

Folge 11: Interview mit Werkleiter Volker Stauch über die Aggregateentwicklung und dieZukunft des Traditionsstandorts

Stuttgart - Keine Innovation hat das Leben mehr revolutioniert als das Automobil. Karl Benz und Gottlieb Daimler brachten vor 120 Jahren unabhängig voneinander die ersten Wagen zum Rollen. Der Mensch wurde beweglicher. Basis für die Fortbewegung ist der Motor das Herz des Automobils. In unserer Serie verfolgten wir, wie ein Motor entsteht. Von der Entwicklung über die Montage bis zum Einbau in die Karosserie..

Heute beenden wir die Serie mit einem Interview mit Volker Stauch, dem Leiter des DaimlerChrysler Motorenwerks. Das Gespräch führte Matthias Kuhn.

Herr Stauch, in unserer Serie haben unsere Leserinnen und Leser erlebt, wie ein Motor entsteht und wie komplex das Herz des Autos ist. Wie würden Sie einem Kind einen Motor beschreiben? Stauch

Stauch: Wenn man in die technischen Details ginge, wäre es wirklich kompliziert. Um es einem Kind einfach zu erklären, ist der Vergleich mit dem Herzschlag am anschaulichsten. Der Mensch benötigt Nahrung, der Motor braucht Benzin. Nerven lösen den Herzschlag aus, beim Motor übernimmt dies die Zündung. Daraus ergibt sich ein Impuls und es wird etwas in Bewegung gesetzt. Im Motor sind es Kolben, die im Zylinder auf- und abbewegen. Im Herz wird Blut aus der Haupt- und Vorkammer in die Adern gepumpt. Deshalb sagen wir, dass hier bei uns das Herz des Automobils schlägt.

Was fasziniert Sie am Motor?

Stauch: Zum einen gibt es die Hülle, Karosserie und das Innere, zum anderen gibt es die faszinierende Ebene des gesamten Antriebsstrangs vom Fahrwerk, Motor bis zum Getriebe. Diese Einheit lässt den Kunden das Auto erst im Fahrbetrieb erleben und zum Fortbewegen ist das Auto eigentlich geschaffen. Wenn der Fahrer mit dem Auto in eine Kurve fährt, wenn er beschleunigt oder bremst, spürt er die Technologie, die unter der Karosserie lauert. Am besten ist es, wenn der Fahrer dies als angenehm empfindet und die Technologie kaum spürt.

Das Motorenwerk ist die Wiege des Autos. Gibt es noch diesen Hauch der Geschichte?

Stauch: Ja, jeder unserer Standorte besitzt einen spannenden historischen Hintergrund. Mit der Schmiede aus dem Jahr 1903/04 haben wir in Untertürkheim den Urkern des Automobilbaus. In Brühl stand die Baumwollspinnerei, die der Ausgangspunkt einer industriellen Revolution war und in Mettingen wurden in der Maschinenfabrik Esslingen 6500 Dampflokmaschinen gebaut. Lokomotiven waren die Vorboten der Mobilität durch Autos.

Seit 102 Jahren werden am Standort die Antriebsstränge produziert.
Was hat sich in dem Jahrhundert geändert?

Stauch: Zunächst die Menge. Zu Beginn wurden sämtliche Teile einzeln gefertigt. Heute produzieren wir für den Pkw-Bereich mehr als eine Million Motoren, Getriebe und Achsen pro Jahr. Deswegen hat sich die Methodik von einer Einzel- zur Serienfertigung entwickelt. Um weltweit konkurrenzfähig zu bleiben und die Fertigung am Hochlohnstandort Stuttgart zu erhalten, benötigen wir dieses Wissen auch.

Wie gelingt dies DaimlerChrysler?

Stauch: Permanente Effizienzsteigerungen sind notwendig. 1904 war Gottlieb Daimler ohne Konkurrenz. Heute stehen wir im globalen Wettbewerb. Wir nehmen die Herausforderung an und müssen uns kontinuierlich verbessern. Wir schauen momentan Station für Station, wo wir Prozesse noch effizienter machen können. Das betrifft die Fertigungslinien genauso wie die Verwaltung oder Randbereiche wie Kantine und Logistik. Nur wenn uns dies gelingt, wird Stuttgart langfristig Standort der Aggragateproduktion bleiben.

Schränkt die Flächenknappheit am Standort sie ein?

Stauch: Wir sind begrenzt durch den Neckar, Straßen, der Bahnlinie sowie die Wohnbebauung. Wir versuchen im positiven Einklang mit allen zu leben. Wir bieten Arbeitsplätze, aber uns ist auch bewusst, dass wir beispielsweise Lärm verursachen. Dennoch haben wir immer gute Kompromisse erzielt. So wurden viele Einzelprozesse wie die Ersatzteilfertigung oder Kleinstserien aus der Fertigung herausgenommen und verlagert, um Flächen zu gewinnen. Wir reißen kleinere Gebäude im Werk ab, um Platz für mächtigere Strukturen zu schaffen. Dadurch produzieren wir heute auf der gleichen Fläche höhere Stückzahlen. Zudem bauten wir das Motorenwerk Bad Cannstatt, unsere Fabrik der Zukunft.

In der Geschichte des Motors gab es immer Innovationen. Sind Motoren noch verbesserungsfähig?

Stauch: Auch nach über 100 Jahren Technologieentwicklung steckt in den Motorkonzepten von Otto und Diesel noch ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung sei es bei den Emissionen oder auch beim Kraftstoffverbrauch. Es genügt jedoch nicht, allein den Motor weiterzuentwickeln, wir müssen das Auto ganzheitlich optimieren. Tendenziell gibt es einen Trend zu mehr Komfort und Service, was dazu führt, dass Autos schwerer werden. Wir versuchen dem entgegenzuwirken durch Leichtbau. Wir entschlacken die Autokarosserie, aber die Gewichtsreduktion spielt auch bei den Aggregaten eine Rolle.

Ein Beispiel sind Wellen. Normalerweise sind dies schwere Eisenteile. Wir machen sie hohl, damit die rotierenden Massen geringer werden. In Mettingen fertigen wir zudem ein Hinterachsgetriebe, das uns im Kraftstoffverbrauch ein bis zwei Zehntel gebracht hat. Auch bei der Aufladung von Motoren mit kleineren Hubräumen oder die Einspritzdüsen wird es Verbesserungen geben. Ziel ist es, den Wirkungsgrad des Motors Stück für Stück zu verbessern. Dies ist keine Motorenrevolution sondern eine Evolution, bei der unsere Entwickler gemeinsam mit uns von der Produktion nach Wegen suchen, den Motor immer wieder neu zu beleben und den aktuellen Erfordernissen anzupassen.

Werden in Hinblick auf die Umwelt und auf die steigenden Benzinpreise in Zukunft alternative Antriebsarten herkömmliche Motoren ablösen?

StauchStauch: Es wird viel geforscht. Aber wir wissen, dass unsere Dieselmotoren uns hervorragend begleitet haben und noch weiter begleiten werden. Die Marke Mercedes ist Marktführer. Wir haben immer höhere Drücke erzielt und auch bei den Benzin-Motoren gibt es Neuerungen. Wir verkaufen aber auch erdgasgetriebene Fahrzeuge speziell im Taxigewerbe und wir haben Fahrzeuge mit Rapsöl. Bei der Hybridisierung ist der Kosten-Nutzeneffekt für den Kunden noch nicht erreicht und die Brennstoffzelle treibt schon viele Busse in Großstädten der Welt an. Auf Grund ihrer Komplexität und der noch fehlenden Infrastruktur sind die Kosten der Brennstoffzelle für Personenwagen jedoch noch zu hoch.

2004 feierte das Werk das 100-jährige Bestehen. Welche Bedeutung wird das Motorenwerk 2029 zum 125-jährigen Bestehen besitzen?

Stauch: Es ist schwer, so viel Jahre nach vorne zu blicken. Wir haben eine soziale Verantwortung für die Mitarbeiter, aber auch für die Stadt und die Region Stuttgart. Ich sehe die Dynamik des Ostens, und wir versuchen einen Weg zu beschreiten, das Stammwerk als Kern langfristig gegen die Konkurrenz zu halten. Der Standort brilliert durch seine kurzen Wege zwischen Entwicklung und Produktion sowie durch das enge Zusammenspiel mit Zulieferern wie Bosch oder Mahle sowie Werkzeugmaschinenbauern wie Heller, Schaudt, die aus der Region stammen.

Die Lehre aus der Vergangenheit ehemaliger Traditionsfirmen wie der Maschinenfabrik Esslingen mit ihren Dampflokomotiven oder der Baumwollindustrie zeigt jedoch, dass wir immer auf dem Sprung sein müssen, aus der Tradition heraus immer innovativere Technologie zu entwickeln. Einfache Technologien können auch in Billiglohnländer hergestellt werden. Hochwertige, die Spezialverfahren erfordern, können nur dort hergestellt werden, wo sie entwickelt wurden. Voraussetzung ist allerdings, dass alle bereit sind, loszulassen und nicht auf Althergebrachtes zu pochen. Wenn wir dies mit der Belegschaft hinbekommen, dann können wir 2029 das 125-jährige Jubiläum wieder groß feiern.

 

SERIE: DER MOTOR - HERZ DES AUTOMOBILS

Folge 1: Von Daimlers schnelllaufenden Benzinmotor zum Silberpfeil
Folge 2: Benzineinspritzer bringt Silberpfeile auf Erfolgsspur zurück
Folge 3: Am PC entstehen dreidimensionale Modelle
Folge 4: Prototypen werden auf Herz und Nieren geprüft
Folge 5: Ausgereifte Werkzeuge garantieren optimalen Guss
Folge 6: Jeder Motor ist ein Individuum
Folge 7: Zylinderkopf und Kurbelgehäuse feiern "Verlobung"
Folge 8: Motor wird auf Herz und Nieren geprüft
Folge 9: Vom Neckarhafen in alle Welt
Folge 10: Vollautomatische Hochzeit mit 26 Umdrehungen
Folge 11: In Otto- und Dieselmotoren steckt noch Potenzial

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