Bernd Dangelmaier - Jahrgang 1944 - wuchs in Untertürkheim auf und lebt jetzt in Rohrdorf bei Nagold
Gehrenwald, 1947 - 1957
Diese Region, die gar kein Wald ist, habe ich mit meinen Eltern schon von Luginsland her besucht.
Damals ging es runter zu der Blockhütte, den Pflasterweg links ab und rüber zum TBU-Platz. Gleich
vorne links am Eingang stand eine große Schaukel, in welcher mehrere Kinder Platz hatten. Dann eine
riesige Holzrutschbahn, zumindest aus der Sicht eines kleinen Kindes. Eine Hühnerleiter mit stabilem
Holzgeländer führte rauf, oben war eine kleine Plattform, und dann ging es auf den Brettern abwärts.
Keine Ahnung, wie das mit den Splittern war, so was gab es damals vermutlich nicht.
Dahinter der schattige Biergarten. Für die Kinder gab es Salzbrezeln oder Bierstängel aus dem
Vereinsheim rechts drüben. Nun folgte der Sportplatz und ich vermute mal, dass dort auch Feldhandball
gespielt wurde. Ganz toll für uns Kinder war die Tatsache, dass mitten unter dem Platz das Bächle aus
Rotenberg durchführte. Auf diesem Platz fanden auch diverse Feste statt, auf jeden Fall erinnere ich mich
an eine „Rote Wurst“ und an eine Flasche „Sinalco“ bzw. „Bluna“. Die Bundesjugendspiele der Schule
fanden ebenfalls dort statt, ich habe heute noch einige Urkunden.
Im Tal gab es auch noch das Ferienheim vom CVJM, sowie ein katholisches Ferienheim. Etwas später
kam auch noch direkt neben Letzterem das AWO-Heim hinzu. Im ersten Jahr nach der Verlegung aus den
Neckarauen mussten wir allerdings noch mit einem „Bierzelt“ an der Gaststätte vorlieb nehmen. Erst
später wurde der Aufenthaltsraum mit den Toiletten und noch später die „Ruheterrasse“ gebaut. Ich war
jedes Jahr hier im Ferienheim, als „Tanten“ fungierten teilweise Luginsländer Familienangehörige.
Die Untertürkheimer sammelten sich auf dem Kelterplatz und marschierten dann unter Aufsicht eines „Onkels“ oder einer „Tante“ zum Gehrenwald rauf. Unterwegs die Auslagen einiger Steinmetze, als Kind
vermutet man, dass unter den Grabsteinen schon jemand liegt. Dann das Bananenschlössle, die imposante
Villa eines Kolonialwarenhändlers. Am Friedhof vorbei und dann begann links das offene Bachbett des
Rotenbergers Abwasserkanals, welches auf dem Heimweg öfters beschritten wurde.

Schutzhütte Gehrenwald 2009 - Foto: Enslin
Es war aber nicht nur Abwasser im Bach, sondern bei Regen auch alles Wasser der umliegenden Hänge.
Die mitgeführte Erde wurde bei der Schutzhütte in einem Sammelbecken abgefangen, dieses war auch ein
beliebter Spielplatz. Das folgende Gelände unseres Ferienheimes war bei Regen natürlich auch überschwemmt. Der Pflasterweg vorne war sowieso ein Regenwasserkanal, denn direkt in ihn mündete
der „Hochwasserkanal“ aus den Bergen. Dieser war bei Trockenheit auch begehbar und führte am CVJM-Heim
vorbei. Zusätzlich kam noch das überlaufende Rotenberger Abwasser hinzu, welches direkt durch
das Gelände führte und in den ersten Jahren noch offen war. Bei Hochwasser war immer erst unsere
Küche im Keller überschwemmt.
Unser „natürlicher Feind“ lagerte gleich nebenan im katholischen Ferienheim. Auf beiden Arealen lag
Fallobst unter den Bäumen, welches alsbald den ballistischen Weg in das „Feindesland“ fand.
Nachmittags war eine erzwungene Ruhepause angesagt. Was mir heute sehr willkommen ist, war damals
einfach nicht möglich. Bei den Nachbarn galt ebenfalls das Gesetz: „Wer schläft sündigt nicht“. Die
verordnete Waffenruhe wurde jedoch oft heimlich gebrochen. Um „Albert Schweizer“ zu unterstützen
wurde drüben mal sein Film vorgeführt, soweit ich mich erinnere war das jedoch nicht in der Ferienzeit.
Auch mit den CVJM-lern gab es „kriegerische Auseinandersetzungen“. Der ideale Ort für einen
Hinterhalt war die Schlucht auf dem Weg zum „Kappelesberg“. Im dichten Unterholz ging es steil rauf,
dort schlugen die „Indianer“ gnadenlos zu. Diese Wanderungen wurden meistens mit einer Schnitzeljagd
verbunden, wobei die Markierungen nicht mit Kreide, sondern mit Sägemehl statt fand. Es gab auch
Ausflüge mit und ohne Busfahrt. Wir besuchten die anderen AWO-Heime im Raum Stuttgart und auch
manchmal das Freibad. Erst noch das Inselbad, als dann aber das Fellbacher Bad fertig war, nahmen wir
den kürzeren Weg dort hin.
Eine Zeit lang tummelten sich auch die „Falken“ auf unserem Gelände. Damit meine ich keine Vögel,
sondern eine sozialistische Jugendbewegung. Für mich war das damals eine mysteriöse Pfadfindertruppe
und wir hatten wenig Kontakt mit dieser „Elite“. Inzwischen sind diese wohl in unserer Gegend
ausgestorben.
Natürlich steckt in jedem Jungen ein Ingenieur, und so war es nicht verwunderlich, dass wir Stauwehre
und Wasserfälle im Abwasserbach bauten. Rechtzeitige Warnrufe schützten uns vor dem direkten
Kontakt der dicken Dinger aus der Rotenberger Darmflora. Ein solches Spiel stärkt die Abwehrkräfte
enorm, ich gehe davon aus, dass keiner meiner Spielkameraden jemals ernstlich krank wurde. Im
Heimbereich selbst wurde der Bach irgendwann überbaut, aber hinter den Hecken an der Schutzhütte war
noch alles offen.
Samstags waren wir nur den halben Tag im Ferienheim und es gab zum Wochenabschluss immer
Dampfnudeln und Kakao. Vor dem Rückweg noch Hände haltend und im Kreis stehend das
Abschiedslied, dann ging es weniger geordnet nach Hause. Erst mal oben auf der Hecke zur Hütte rüber.
Ein Stacheldraht innen verhinderte oftmals das Einsinken ins Buschwerk. Danach über das
Auffangbecken in das große Bachbett, in welches auch alsbald das Abwasser einfloss. Dafür gab es
jedoch in der Mitte eine kleine Rinne, so dass wir trockenen Fußes weiter marschieren konnten. Erst kurz
vor dem Friedhof ging es unter die Erde, wie weit, das wurde von Tag zu Tag weiter erforscht.
Der lose Haufen löste sich dann endgültig am Kelterplatz wieder auf, es war nicht mehr weit nach Hause.