Bernd Dangelmaier - Jugenderinnerungen eines Untertürkheimers
Bernd Dangelmaier - Jahrgang 1944 - wuchs in Untertürkheim auf und lebt jetzt in Rohrdorf bei Nagold
Teil 1: Luginsland, 1946 – 1951
Luginsland, 1946 - 1951
An meine Geburtsstadt Kamenz in Sachsen habe ich keinerlei Erinnerungen, da ich irgendwann im 2. Lebensjahr nach Luginsland kam. Dort bekamen wir erst mal ein Zimmer im Haus der Großeltern im
Nägelesäcker 61, in welchem auch schon unsere Verwandtschaft Familie Bubeck wohnte.
Rundum waren sehr viele Ruinen und auch hier hatte ein Blindgänger bis runter in den Keller
durchgeschlagen. Haustiere waren überlebensnotwendig, so dass mein Freilassen der Stallhasen nicht
Opas Beifall fand. Den gefährlichen Hühnern habe ich mich nicht so genähert. Hinterm Haus ein
Zwetschgenbaum, davor Pfirsiche und Stachelbeeren. Interessant war auch eine Ameisenburg, wo jene an
die Spinnen verfüttert werden konnten.
Mein Onkel, Ernst Bubeck, hatte schon recht bald das einzige Fahrzeug in der Familie, nämlich ein
Motorrad mit Beiwagen, Platz für Tante Hilde und Tochter Helga, um schöne Ausflüge zu machen. Ein
Umzug in das Haus der Familie Knöll, Manfredstraße 3, unters Dach, brachte etwas mehr eigenen
Wohnraum, aber eine Küche gab es da nicht. Mit deren Tochter Renate durfte ich erstmalig in das
Inselbad nach Untertürkheim gehen. Ganz unten Familie Gölz mit Tochter Christel und Richtung
Fellbacher Straße Familie Schenk. Nebenan in Nr. 5 Familie Wielath mit Antja, Dagmar und später
Holger.
An der Ecke zum Sigurdweg wohnten damals noch Wiedmeier’s, Onkel Fritz, Tante Hermine
und Sohn Jürgen, welche danach in den Luginslandbau über den Durchlass am „Anlägle“ umzogen.
Weiter oben in der Manfredstraße gab es noch Familie Säurer mit Tochter Rita, mehr Leute sind mir nicht
mehr bekannt. Zwischen den Häusern waren zwar Garagen, aber die wurden meistens als Hühnerstall
benutzt. Ein solcher und recht großer war auch in der offenen Kellerruine von Riechmann’s wo heute das
Weingarten-Haus steht. Die wohnten unterhalb des Kindergartens und hatten einen Brutkasten in der
Wohnung, ihre Tochter, verheiratete Tregel, mit Tochter Ilona im mittleren Teil des Sigurdweges. Dort
irgendwo gegenüber wohnten auch Küblers, der Mann war Polizist und es war glaube ich, auch eine
Tochter da.

In den Kindergarten ging ich auch einige Zeit, sowohl in den oberen Stock, als auch in eine
Erdgeschossgruppe. Gerne erinnere ich mich an ein Osterfest, bei welchem wir die Eier in der Wiese
oberhalb des KVU-Platzes suchen mussten und jene danach auf diesem „Schlittenhang“ runter rugeln
ließen.

Wie auf anderen Sportplätzen, gab es beim KVU auch einen Wasserbehälter auf Stelzen, in welchen per
Handpumpe das Duschwasser gepumpt werden musste, da blieb auch bei uns kein Auge trocken,
geschweige denn die Kleidung.
An die anderen Kinder habe ich wenig Erinnerung, da sich ab dem 6. Jahr unsere Wege trennten.
Sicherlich hat der „Steingräber“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen, weil er einfach unübersehbar
war, aber auch an kleinere Leute, wie z. B. „Kurtle“ Schill erinnere ich mich noch sehr gut, da unsere
Väter eine gemeinsame Fliegervergangenheit hatten. In der Nähe des Kindergartens wohnte Familie
Hirsch mit Tochter und Sohn „Pete“, er fuhr später genau wie ich zur See und ist dabei leider ertrunken.
Direkt neben dem „Kindi“ praktizierte eine Ärztin im oberen Stockwerk, ich glaube sie hieß Fr. Dr. Rien,
oder so ähnlich, später zog sie dann an das hintere Ende vom Danielweg. In der Fellbacher Straße kannte
ich noch Herterichs mit Sohn Rolf, welche kurz nach uns auch nach Untertürkheim runter zogen, in die
Hindelanger Straße bei der Feuerwehr. Dort gab es auch einen Spiel- und Schreibwarenladen in einer Art
Garage, gegenüber an dem Wegle zum „Kindi“ war ein Friseur. Das „Gasthaus Luginsland“ war wohl der
einzige Versammlungssaal in der Nähe, alle inneren Festlichkeiten wurden natürlich dort abgehalten. Für
die Kinder gab es ein herrliches Gängelabyrinth, welches auch zu den Backstuben der Bäckerei „Hiesinger“ führte. Deren Sohn war auch ein ganz früher und dann später Schulkamerad von mir.
Bei Sommerfesten konnte auch das „Anlägle“ benutzt werden. Auch ich durfte einmal mit meinem
geschmückten Roller an einem Kinderfestrennen teilnehmen. Allerdings faszinierte mich die jubelnde
Menge an der „Rennstrecke“ dermaßen, dass ich eher gemäßigte Genußrunden drehte, und somit nur auf
den 3. Platz kam. Potential für den 1. Platz wäre vorhanden gewesen, war doch mein Name „Bernd
Rosenmeier“ nachempfunden. An die Klettermasten ließ man uns damals noch nicht ran, die Würste und
Brezeln gab es nur für die Größeren. Außen waren noch ein Konsum, eine Drogerie und ein Milchladen,
mehr fällt mit nicht ein.

Um Obst und Gemüse einzukaufen, gab es noch einen regelmäßigen „Zubringer“ aus Rommelshausen.
Mit dem Pferdewagen kam ein Bauer zu uns und verkaufte seine Waren. Wir Kinder durften immer
hinten mitfahren, aber wenn der Gaul kräftig anzog, dann fiel schon mal einer hinten runter. Später kam
dann noch ein Barackenladen oben Richtung Fellbach am Feuerweg hinzu, das war von uns aus nur um
die Ecke. Aber man brauchte nicht unbedingt Geld um etwas zu erwerben. „Lumpen, Alteisen, Papier“,
und dabei die Glocke schwingend, kam der Lumpensammler angefahren. Dort gab es Spielsachen zum
Eintauschen, bunte Gockelhahntrompetchen, oder diese zusammengerollten Papierschlauchpfeifen (wie
die Verpackung vom Bierstängel) mit der Feder vorne dran, auch Wasserpfeifen oder ein Geduldspiel mit
Taschenspiegel auf der Rückseite.
Weiter mit dem Rundgang durch Luginsland. Im Weingarten, weit unten rechts, holten wir manchmal
Ziegenmilch. Dann um die Ecke die Barbarossastraße rauf und an der nächsten Ecke über die
Konradstraße, dort wohnten dann Familie Kurt Dangelmaier mit Tante Hildegard, Heidi, Rolf und Horst,
bei Schimpfs oben drin. Die waren alle miteinander stark bei der AWO engagiert, schon als das
Ferienheim noch in den damaligen Sümpfen des jetzigen Neckarhafens lag. Später zog unsere
Verwandtschaft dann in den Weingartenblock. Noch eine Ecke weiter, an der Goldbergstraße, gab es die „Tirza“, ein behindertes aber liebenswertes Mädchen. Zwischen den Gärten hinter den Häusern waren
kleine interessante Räuberwege, deren Zugang nicht so offensichtlich war.
Meine Einschulung fand 1950 noch in der neuen „Luginslandschule“ statt. Das war ein ganz schön langer Weg
dort hin. Unterwegs, an der Bertramstraße, reizte ein Bauwerk mit dicken Quadersteinen zum
Rumklettern, das war wohl auch noch eines der vielen Kriegsrelikte. Im Schulhof dann jene
ungewohnten Trinkbrunnen, nun ja, man konnte wunderbar damit Rumspritzen. Das hatten wir wohl den
ständig Wasser trinkenden Amerikanern zu verdanken.
Abschließend möchte ich die Winterszeit nicht vergessen. Für das Skifahren war ich noch zu jung, aber
einen Schlitten hatten wir und es gab genug Schlittenbahnen. Gleich hinterm Haus das Wegle, dann die
Verlängerung, den Feuerweg bis zum Dietbach runter. Vom Goldberg in den Gehrenwald runter, eine
ganz heiße Strecke, oder gerade jene Osterwiese beim KVU-Platz. Wobei hinter diesem noch weitere
Rodelhänge waren. Davon abgesehen war jede abfallende Straße als Schlittenbahn zu verwenden, denn es
gab mehr Schlitten als Autos.
In meinem 6. Jahr und nach der Geburt meiner Schwester Eveline, war eine größere Wohnung dringend
nötig und wir zogen mitten in meinem 1. Schuljahr nach Untertürkheim, in die Ötztalerstraße 18.
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