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Waldbaur Schokolade aus Stuttgart
BlechWaldbaur

Stuttgarter Zeitung, 20.05.2000

Ein Tafelvergnügen: Stuttgart von der Schokoladenseite

Achim Wörner und Michael Steinert (Fotos) haben einen Streifzug durch die Geschichte der Kakaoindustrie in der Landeshauptstadt unternommen
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Die Schwaben sind einst für Fleiß und Schaffenskraft gerühmt worden, sie hatten aber auch ein Faible für den puren Genuss - in Form von Schokolade etwa. Eine Ausstellung des Stadtarchivs spannt den Bogen vom süßen Aufstieg zur heimlichen Hauptstadt der Kakaoindustrie Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum bitteren Niedergang gut 100 Jahre danach.

WaldbaurKlack, klack, klack. Heinz Klaiber hält eine metallene Form in Händen und lässt das mattsilbrige Teil auf ein dünnes Holzbrett krachen. Klack, klack, klack. Auf diese Weise ruft der rüstige Rentner sich die Erinnerungen wach. Hundertfach, tausendfach hallte das klappernde Geräusch durch die Fabrikhalle, damals, in den fünfziger, sechziger, siebziger Jahren. Es klingt dem gelernten Bäckermeister nach wie vor im Ohr - mehr als zwei Dekaden nach der unfreiwilligen Demission.

Heinz Klaiber sitzt am Esstisch seines Wohnhauses mitten in Fellbach-Schmiden. Draußen scheint die Sonne. Und der 76-Jährige plaudert über jene Zeit, als Stuttgart (noch) eine Hochburg der Schokoladen-Herstellung war, sich dann aber rasch das Ende abzuzeichnen begann. Waldbaur, Moser- Roth und Eszet, Ritter, Haller und Schoko-Buck - das sind die Namen, die sich mit diesem bisher kaum beleuchteten Kapitel der Stuttgarter Stadtgeschichte verbinden.

Klaiber hatte nach dem Zweiten Welkrieg bei Waldbaur angeheuert, um in der so genannten Eintafelei Regie zu führen. Dort sei es heiß und laut hergegangen, sagt der Mann im karierten, weit aufgeknöpften Hemd. In der Eintafelei wurde die rund 30Grad heiße flüssige Schokolade in Metallschalen gegossen und dann auf der laut tönenden Klopfbahn in Tafelform gebracht. Klack, klack, klack. Klack, klack, klack.

WaldbaurWaldbaur war einer von einem ganzen Dutzend überregional renommierter Kakaoverarbeiter, die in Stuttgart reüssierten. Seit 1848 war am Calwer Tor 7, der späteren Rotebühlstraße 83, Schokolade hergestellt worden, wie sich dem Adressbuch von 1851 entnehmen lässt: Die Brüder Franz und Gustav Waldbaur "haben eine Dampf-Chocolade-Fabrik nach der neuesten Pariser Einrichtung, mittelst welcher die Chocolade auf das Feinste durch Granitwalzen, ohne mit Eisen in Berührung zu kommen, bereitet wird."

Waldbaur

Der Kaufmann und der Apotheker waren aber beileibe nicht das einzige Unternehmergespann, das auf die Schokolade setzen wollte. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts hatten vor allem die Konditoren der Stadt vollends den Siegeszug der Köstlichkeiten aus Kakao eingeleitet, die sich als "xcoatl" schon im 12.Jahrhundert bei den Azteken großer Beliebtheit erfreut hatten.

Auch Eduard Otto Moser und Wilhelm Roth begannen als jeweils selbstständige Zuckerbäcker, machten sich in Paris mit der Kunst der Trüffel- und Pralinenherstellung vertraut - und setzten, wieder zu Hause, voll auf die Schokoladenfabrikation. Moser war es auch, der 1876 den Verband deutscher Schokoladenfabrikanten mit aus der Taufe hob, um ein Reinheitsgebot für die süße Versuchung zu erlassen: Billige Mandeln, Mehl und Fett sollten nicht länger den teuren Kakao ersetzen können.

WaldbaurDie Waldbaur-Brüder hatten sich dieser Initiative ebenfalls angeschlossen, indem sie der werten Kundschaft "reellste Fabrikation" und "vorzügliche Preise" versprachen. Waldbaur-Produkte wurden früh in ganz Europa vertrieben, selbst in Amerika gab es Kunden. Vertretungen bestanden in London und Moskau, die von "Chocoladen in Tafeln" über "Cacaomassen", "Cacaopulver in feinster 1a-Qualität" bis hin zu "Chocoladen-Desserts in allen Sorten, Caramell-Bonbons, Früchte-Compots in Gläsern sowie gandirten und glacirten Früchten" allerlei mehrfach preisgekrönte Gaumengenüsse feilboten.

Hergestellt wurde all das auf einem Fabrikgelände am Feuersee. Dort, wo heute noch das Firmenwappen prangt und Büros residieren, gab es einst alles, was zur Massenproduktion von Schokolade benötigt wurde - vom kühlen Keller über das Zuckermagazin und das Kesselhaus bis zur Verpackungsabteilung und den Remisen für die Fuhrwerke, die wiederum die Auslieferung besorgten.

EmailleGanz ähnlich vollzog sich der Aufstieg von Eszet. Unter dem Motto "Das Beste und immer in gleicher Güte" hatte der Konditormeister Ernst Staengel in der heutigen Furtbachstraße eine kleine Fabrik für Konditorwaren eröffnet. Das Gebäude war äußerlich einem Wohnhaus gleich, gerade mal drei Etagen hoch - und doch wurde innen drin in Serie Schokolade produziert. Zusammen mit seinem Schwager und Kompagnon Ziller brachte es Staengel alsbald zum Hoflieferanten. Die Firma Eszet expandierte, zog in die Olgastraße, schließlich in die Augsburger Straße 275 nach Untertürkheim. Bis zu 200 Mitarbeiter habe die Schokofirma beschäftigt, so Gert Staengel, der Urenkel des einstigen Firmengründers. Bei Moser und Roth an der Heilbronner Straße sollen bis zu 550 Frauen und Männer zur Veredelung von Kakaobohnen beitragen haben - mithin die größte Kakao- und Schokoladenfabrik Süddeutschlands. Insgesamt habe es zur Blütezeit in dieser Branche in Stuttgart mehr als 1000 Arbeitsplätze gegeben, sagt der Historiker und Stadtarchivar Manfred Schmid.

Die Schokolade ward als Genussmittel gepriesen - aber sehr wohl auch als Heil- und Stärkungsstoff. 1891 etwa hat die "Cacaochocolade, Bonbons-Fabrik Moser-Roth" dem Katharinenhospital 12,5 Kilogramm Vanille-Schokolade in Rechnung gestellt, dazu sechs Beutel Kakaopulver. Für die "gütigst bestellten und an Sie abgegangenen Waaren beehren wir uns, Ihnen Factura 45,70 Mark mit der Bitte um Gutschrift zu ertheilen".

Stuttgart habe ohne Zweifel zu den großen Schoko-Metropolen der Republik gezählt, sagt der Historiker Schmid - und zwar zusammen mit Berlin, Köln, Dresden. Viel übrig geblieben ist davon nicht. Es gibt kaum mehr Dokumente, mit denen sich die Geschichte genau nachzeichnen ließe. Schmid steht im Magazin des Stadtarchivs in der Tübinger Straße und blättert die Fotografien, Stiche, Verpackungen und Reklamepostkarten durch, die er für die Ausstellung gesammelt hat; auf einem Tisch liegen ein paar Werbeaccessoires, darunter ein künstliches Blumengebinde mit Schokoladentafeln dran. Und auch ein paar wenige Devotionalien hat Schmid zusammengetragen - etwa ein Eszet-Kaffeeservice oder eine Eszet-Wanduhr.

WaldbaurWarum ausgerechnet Stuttgart zu einer Schokoladen-Hauptstadt aufgestiegen ist? Schwer zu sagen. Die Schaffenskraft der Konditoren, die Offenheit der Schwaben für neue Produktionstechniken dürften eine Rolle gespielt haben.

Immerhin: Auch die Firma Ritter, die heute in Waldenbuch residiert, hatte ihre Anfänge in Stuttgart, genauer in Cannstatt. Wie ein Lauffeuer habe sich verbreitet, dass in einem Hinterhof in der Sodener Straße Süßes produziert werde, so ein Chronist. Wie die Bremer Stadtmusikanten seien die Kinder an den Fenstern des Ritterschen Ein-Mann-Betriebes gehangen - um die Schokoladenfertigung zu beobachten und das eine oder andere "Versucherle" von Alfred Ritters Kakaoerzeugnissen abzustauben.

Schon in den zwanziger Jahren wurde in der Ostendstraße 88 Schokolade hergestellt, zuerst von Hugo Wernick, dann von Schoko-Buck. Seit 1955 produzierte die deutsche Tochter der Schweizer Weltmarke Tobler ihre Spezialitäten - bis 1985.

WaldbaurInzwischen ist von Stuttgarts Schokoladenseite nichts mehr übrig. Gestiegene Kakaopreise und Überkapazitäten dank moderner Technik sorgten in den 70er Jahren für die Bereinigung des Marktes.

Moser-Roth
war im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört worden; die Produktion wurde zu Karl Haller nach Obertürkheim verlagert, nach dessen Tod ging die Firma an die Melitta-Gruppe, 1967 wurde die Produktion eingestellt. Ende der 60er Jahre schloss Moser-Roth seine Pforten; Eszet, 1973 noch auf Platz drei unter den bekanntesten deutschen Schokoladenmarken, schloss Mitte der 70er Jahre; Waldbaur wurde 1977 stillgelegt. Beide Marken wurden von der Kölner Stollwerck AG übernommen - weshalb Eszet-Schnitten und Katzenzungen noch immer zu haben sind.

Das ist dem ehemaligen Schokoladen-Arbeiter Heinz Klaiber ein schwacher Trost, ebenso die Betriebsrente, die Waldbaur überweist. Das Aus für die Schokoladenfabrikation in Stuttgart - "das war schon ein herber Schlag", sagt er und lässt die metallene Form für die Schokoladentafel noch einmal aufs Holzbrett krachen. Klack, klack, klack.

WaldbaurWaldbaur
chocolart Tübingen 2009 - Fotos: Enslin

Seit 1945 werden bestimmte Sorten von RIQUET Schokolade von WALDBAUR hergestellt.
==> Teil 8: RIQUET -Scholoade

Waldbaur Werbemittel aus Stuttgart

GlastellerWaldbaur
WaldbaurAscher
Klemme
Waldbaur Glasteller - Ascher - Klemme
Das folgendes Schokopapier-Bild stammt von der tschechischen Website von Martin Mihál:

Waldbaur


WaldbaurWaldbaurWaldbaur
Quelle: www.veikkos.com

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Gebr. Waldbaur

Allgemeines

Firmenname Gebr. Waldbaur
Ortssitz Stuttgart
Ortsteil West
Straße Rotebühlstr. 87
Postleitzahl 70178
Art des Unternehmens
Schokoladenfabrik
Anmerkungen Adresse (selber Standort) vorher: Calwer Tor 7. Fabrikgelände am Feuersee. Marke nach Stillegung an Stollwerck AG, Köln
Quellenangaben [Reichs-Adreßbuch (1900) 3830] [Stuttgarter Zeitung, 20.05.2000, S. 36]

Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1848 Gründung durch die Brüder Franz und Gustav Waldbaur als "Dampf-Chocolade-Fabrik" mit Walzenstühlen mit Granit-Walzen. Die Gründer sind Kaufmann und Apotheker
1892 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1895 Lieferung einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1976 Die Markenrechte werden an Stollwerck verkauft.
1977 Stillegung

Produkte

Produkt ab Kommentar bis Kommentar
Schokolade 1848 Beginn 1960 Exponat im LTA Mannheim

Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1895 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn

Quelle:http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen1/firmadet14538.shtml

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