Stuttgarter Nachrichten, 03.04.2006
Professor träumt von einer Seilbahn in Untertürkheim
Unkonventionelle Ideen rufen im Bezirksbeirat gleichermaßen
Zustimmung und Bedenken
Eine Seilbahn durch Untertürkheims Weinberge - für Professor
Hans Ulrich Strauß ist das kein Hirngespinst. Er stellte am Dienstag
dem Bezirksbeirat seine Ideen für die Zukunft des Stadtteils vor.
VON DIRK SONNTAG
Untertürkheim verändert sich. Doch wo-hin geht die Reise? Strauß,
der sich in Eigeninitiative mit dieser Frage beschäftigt hat und jetzt dem
Bezirksbeirat seine Ideen vorstellen durfte, sieht mehrere mögliche Szenarien.
Wenn man nichts tue, beginne eine Abwärtsspirale. Zunächst verschwänden
Handel und Gewerbe, dann die bisherigen Bewohner. Randgruppen würden nachziehen, "oder
wir werden zur reinen Wohn- und Schlafstadt", sagt der Professor. Die sei
zwar ruhig und gepflegt, doch es fehle jegliches urbane Leben, vor allem die
Gastronomie. Über drei Jahre bastelt Strauß nun schon an einem dritten
Szenario, das er ausführlich erläuterte.
Seine Idee: Untertürkheim soll sich zu einem erlebnisorientierten Gemeinwesen
weiterentwickeln. Dafür hat er sechs Initialprojekte entworfen: Die Rebenlandschaft
rund um Untertürkheim wird besser für Ausflügler erschlossen,
bekommt Wander- und Radwege, Rastplätze und einen Fahrradverleih. Eng mit
dieser Maßnahme verbunden ist die Weinlinie. Der Wirtschaftsprofessor träumt
von einer Seilbahn vom Kelterplatz quer durch die Reben hinauf zur Egelseer Heide. "Ich
habe es geprüft. Es ist technisch und wirtschaftlich machbar", versichert
Strauß.
Er ist überzeugt, dass es gelingt, DaimlerChrysler als Investor für
Projekte ins Boot zu holen, wenn sich die Vorhaben für den Konzern rechnen.
Ein großes Parkdeck am Karl-Benz-Platz soll Parkraum für Besucher
und Mitarbeiter von DaimlerChrysler bringen. Ein Skywalk, eine große Stahlröhre
auf Stelzen, soll das neue Museum am Cannstatter Tor mit dem Untertürkheimer
Werkteil verbinden. "Das bringt auch den Mitarbeitern etwas. Sie haben
kürzere Wege, wenn sie durchs Werk zu ihrer Arbeitsstelle gehen", sagt
Strauß.
Er hofft weiter, den Konzern zu einer neuen Überbauung des Untertürkheimer
Werktores bewegen zu können. "Dort könnten Bauten mit Signalwirkung
errichtet werden, die als Metapher für den Konzern stehen." Auch der
Ortskern würde nach der Vorstellung des Professors nicht von dem Szenario
unberührt bleiben. Die Postkartenromantik eines urwüchsigen engen gemütlichen
Weinorts möchte er hier schaffen.
Das Echo der Bezirksbeiräte war geteilt. Quer durch die Fraktionen gab es
Befürworter und Skeptiker. "Überlegenswerte Anregungen" oder "tolle
Sache", hieß es auf der einen Seite. "Das kann so nicht funktionieren" und "Niemand
sagt etwas zu den Problemen, die wir jetzt haben", war aus den Reihen der
Skeptiker zu hören. Die Ideen sollen nach dem Willen von Bezirksvorsteher
Eggert noch einmal Gesprächsstoff im Bezirksbeirat sein. Ob je mehr daraus
wird, steht allerdings in den Sternen.
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