Untertürkheimer Zeitung vom 30.7.2003
Untertürkheimer findet in Manitoba sein Glück
Siegfried Schwarz kehrte 1983 seiner Heimat den Rücken und gründete
mit Erfolg eine Mutterkuh-Farm in Kanada
Untertürkheim.
Schwarz ist ein Aussteiger. Zehn Jahre kletterte der Landwirtsohn auf
der Karriereleiter der Berufsfeuerwehr empor, war als Stadtbrandmeister
in Eislingen als Beamter im gehobenen Dienst unkündbar. "Ich
war als Sachverständiger bei Bränden und Unfällen ständig
unterwegs. Da meine Frau auch einen verant- wortungsvollen Beruf hatte,
wurde der Stress zu groß. Das Familienleben litt", erinnert
er sich.
Nach einem Urlaub mit der Familie in Kanada stand sein Entschluss fest:
Die Familie riss die Zelte im Schwabenland ab und siedelte nach Manitoba
über. "In Glenboro, 200 Kilometer östlich von Winnipeg
kauften wir eine alte Farm." 700 Hektar Getreidefelder und eine
Herde mit 100 Mutterkühen bewirtschaften die schwäbischen
Farmer. "Ich züchte Angus- und Herford-Rinder, die das ganze
Jahr -auch bei minus 40 Grad Celsius im Winter - auf der Weide leben",
erzählt der 63-Jährige mit leuchtenden Augen. Er kehrte quasi
zu seinen Untertürkheimer Wurzeln zurück.
Seine Vater war als Kuh-Schwarz in Untertürkheim bekannt. "Die
Familie hat als erster einen Schlepper in Untertürkheim und war
die letzte Familie, die die Viehwirtschaft aufgab", erinnern sich
seine Mitschüler von einst. Vor 20 Jahren musste der Nachfahre
Siegfried Schwarz jedoch bei Null anfangen: Als "schaffiger"
Schwabe möbelte er die alte, heruntergekommene Farm wieder auf
und drückte als 44-Jähriger die Schulbank, um die Farmerprüfung
zu bestehen. "Es war eine harte Zeit und es ist auch heute kein
Zuckerschlecken", erzählt er mit leicht amerikanischen Dialekt.
Wenn ab Mai die letzten Fröste übers rauhe Land gezogen sind,
gilt es für seine Frau und ihn die Felder zu bestellen. "120
Hektar Fläche sähen wir dann an einem Tag ein." Trotzdem
hat sich für ihn ein Traum erfüllt. Wölfe, Kojoten und
Wapitis laufen durch seine Farmland, die Landschaft scheint unendlich
weit und "wenn ich Stress abbauen will, gehe ich zum Eisfischen
an einen der 100 000 Seen."
Dennoch kommt er ohne einige schwäbische Erinnerungen in seiner
neuen kanadischen Heimat kaum aus. Bretzeln, Maultaschen, Schwarzbrot,
Schinkenwurst macht der Untertürkheimer in Manitoba selbst, in
seinem Keller gärt Apfelmost und hinterm Haus hat er 60 Rebstöcke
gepflanzt. "Aber die zwischenmenschlichen Beziehungen werden in
Kanada nicht so gepflegt und zudem fehlt mir das deutsche Liedgut",
erzählt der Heimkehrer bei seinem Besuch im Kreise seiner Untertürkheimer
Feuerwehrkollegen und Jahrgänger.
Der gebürtige Untertürkheimer Siegfried Schwarz hat eine
Farm in Kanada
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