Mieter müssen Untertürkheimer
Mönchskeller räumen
Stuttgarter Nachrichten vom 13.03.2006
Baurechtsamt bemängelt Brandschutz
- Sozialamt hilft bei der Wohnungssuche
Der Mönchskeller in Untertürkheim wird geräumt.
Das Haus ist mit zahlreichen Alleinstehenden belegt, deren Sicherheit
nicht mehr gewährleistet ist. Das Baurechtsamt hat deshalb eine
weitere Nutzung untersagt.

Foto Mönchskeller ca. 1930
VON BARBARA CZIMMER-GAUSS
59 Menschen leben in der Augsburger Straße 421, die meisten davon
sind ausländische Bürger mit Aufenthaltsstatus. 30 von ihnen
müssen nun innerhalb kürzester Zeit neuen Wohnraum finden,
denn erster Stock und Dachgeschoss des Hauses müssen vom 18. März
an geräumt sein. Das Baurechtsamt hatte im Februar bei einer Brandschau "gravierende
bauliche Mängel" festgestellt, die Sicherheit der Bewohner "wäre
bei einem Brand nicht gewährleistet".
Beanstandet wurden fehlende Fluchtwege sowie zu enge Flure im
Inneren des Hauses, und insgesamt sei der Zustand so desolat
gewesen, dass nach Einschätzung des Baurechtsamts das Gebäude nicht im
vermieteten Zustand hätte renoviert werden können. Deshalb
erließ das Amt eine Nutzungsuntersagung zum 17. März.
 
Für das historisch bedeutsame Gebäude ist dies ein trauriges
Ende. Ursprünglich war das Haus in klösterlichem Besitz und
verfügt über einen gewaltigen Gewölbekeller. Im 19.
Jahrhundert war eine renommierte Gaststätte mit Tanzsaal und Gartenwirtschaft
ansässig, "und sonntags kamen viele Stuttgarter raus nach Untertürkheim,
um dort zu essen, vor allem in der Spargelzeit", sagt Eberhard Hahn,
der Vorsitzende des Untertürkheimer Bürgervereins. Der Ursprung
der Anlage und der Hausbau reiche bis ins 15., 16. Jahrhundert zurück.
Bis vor sieben Jahren war das Haus ein Wohnheim, heute wird es,
so der Vermieter Josef Peinelt, "als eine Art Wohnheim" genutzt. Die ehemals
großen Zimmer im Haus sind unterteilt und werden von ein bis
zwei Personen für 100 bis 160 Euro Miete pro Kopf und Monat bewohnt.
Die Toiletten und eine Küche nutzen die Bewohner der ganzen Etage
gemeinsam. Laut Peinelt handelt es sich bei den Mietern um "Arbeiter,
Studenten, Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger, die billigen Wohnraum
brauchen". Für die Fristsetzung des Baurechtsamts hat er kein
Verständnis, zumal er vorgeschlagen habe, "außen eine provisorische
Treppe" anzubringen. Zudem verweigere die Behörde ihm das Ergebnis
der Brandschau.

Weil die Bewohner nun nur sehr wenig Zeit haben, sich um Ersatzwohnraum
zu kümmern, bietet das Sozialamt Stuttgart Hilfe an. "Wir haben
alle Mieter angeschrieben, zehn haben bereits signalisiert, dass sie
Hilfe brauchen", sagt Edda Schneider-Klett vom Sozialamt. Für
alle Betroffenen ist ein Beratungstermin im Sozialamt für Donnerstag,
16. März, 14 Uhr, anberaumt.
13.03.2006
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