07.08.2008 UNTERTüRKHEIMER ZEITUNG: „Mein
Traum platzte jäh“
Ringer Horst
Schwarz war für die Spiele 1972 in München fest
nominiert -
Funktionäre zogen jedoch Kontrahenten vor
Von Mathias Kuhn
Wie für jeden Sportler war die Teilnahme an den Olympischen
Spielen auch für Horst Schwarz ein Traum. 1972 sollte er in
Erfüllung gehen. Der Ringer hatte sich für München
qualifiziert. Wenige Tage vor Beginn nominierten Funktionäre
jedoch Wilfried Dietrich, den „Kran von Schifferstadt“.
Für den Untertürkheimer eine bittere Pille.
Ein bisschen brennt das olympische Feuer bereits in Horst Schwarz. „Ich
habe mir angeschaut, wann die Entscheidungen im Ringen ausgetragen
werden“, gesteht der einstige Weltklasseringer. Sein Talent
hat er in die Wiege gelegt bekommen. Sein Großvater Albert
Laichinger gründete den KVU, war WM-Dritter. Auch sein Vater
stand bei nationalen Meisterschaften mehrfach auf der obersten Treppenstufe.
Bereits als Jugendlicher feierte Horst Schwarz Erfolge. Als 17-jähriger
wurde er 1959 deutscher Jugendmeister. Bei den Senioren holte sich
der 1,87 Meter große Athlet 1970 und 1971 den deutschen Meistertitel
im griechisch-römischen Stil. Bei der WM in Sofia folgte 1971
ein achter Platz sowie ein Jahr danach ein dritter Platz beim international
erstklassig besetzten Vorolympischen Turnier. Generalprobe bestanden
- der Untertürkheimer Spitzenringer war fest für die Münchner
Spiele nominiert.
„Mit 30 Jahren war ich auf dem Höhepunkt meiner Karriere,
hatte Kampferfahrung und für meinen sportlichen Traum hart trainiert.“ Nach
dem Arbeitstag in der Firma Pfisterer trainierte der gelernte Maschinenbauschlosser
täglich mit Heini Weber im Übungsraum im Neckarstadion.
Krafttraining, Technik, Fitness. Er war Amateur. Doch Firmenchef
Walter Pfisterer unterstützte ihn ideell. „Vor Meisterschaften
durfte ich bereits um 14 Uhr zum Training gehen“, erinnert
sich Schwarz.
Er war für die Ringkämpfe in München bestens gerüstet
und dennoch zogen die Funktionäre seinen Kontrahenten Wilfried
Dietrich vor. Der „Kran von Schifferstadt“ brachte 1960
aus Rom eine Goldmedaille im Freistil sowie 1964 und 1968 je eine
Bronzemedaille nach Deutschland mit. Der Ringerverband hatte zwar
eindeutig bestimmt, dass ein Teilnehmer nicht im Freistil und im
griechisch-römischen Stil antreten sollte, für das damals
39-jährige Ringerdenkmal aus Schifferstadt machten die Funktionäre
jedoch eine Ausnahme.
Besonders bitter für Schwarz: „Ich erfuhr meine Nichtnominierung
aus der Presse und nicht von den Trainern“, erinnert er sich
an schmerzhafte Tage vor 36 Jahren. Er fuhr mit seiner Frau in den
Sommerurlaub. „Zum Skifahren in die Alpen, um dem Frust zu
entfliehen. Die Olympischen Spiele in München interessierten
mich am Rande.“ Dietrich landete im Freistil zwar einen telegenen
Schultersieg gegen den 200-Kilo-Koloss Chris Taylor, errang jedoch
keine Medaille.
Horst Schwarz holte sich 1973 seinen dritten deutschen Meistertitel
und konzentrierte sich danach auf seine berufliche Karriere und die
ehrenamtliche Arbeit im Vorstand des KVU. „Es war eine schöne
Zeit. Mein Herz schlägt immer noch fürs Ringen“,
sagt er. Vermutlich pumpert es kommenden Donnerstag ein paar Mal
schneller - in Peking stehen dann die Ringer seiner einstigen Gewichtsklasse
auf der Matte.