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Untertürkheime Zeitung vom 19.7.2011

Der schwäbische Bruchpilot Ernst Heinkel

Der 23-jährige Flugpionier Ernst Heinkel überlebte den Absturz mit seinem selbst konstruierten Doppeldecker auf dem Wasen nur knapp -

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Am 19. Juli 1911 wird Franz Stocka für kurze Zeit zum Helden. Denn bei dem jungen Mann, den der Arbeiter aus einem abgestürzten Flugzeug zieht, handelt es sich um keinen geringeren als Ernst Heinkel, der später in Deutschland Fluggeschichte schreiben wird. Gemeinsam mit einem Polizisten schleppt Stocka den bewusstlosen Piloten zu einem Auto und ermöglicht so dem Schwerverletzten seine spätere Karriere.

1911 Rotenberg
Ernst Heinkel fliegt 1911 mit seinem Doppeldecker über Stuttgart - im Hintergrund
ist die Rotenberger Grabkapelle zu sehen. Foto: Pro Alt Cannstatt

Die Liebe zur Fliegerei beginnt bei Ernst Heinkel in jungen Jahren. Ingenieur lautete der Berufswunsch. In einer Erzgießerei holte er sich Praxis bei einem Praktikum, später studierte er an der Technischen Hochschule Stuttgart. Er gehört der Burschenschaft Ghibellinia an, von deren Mitglieder der schmächtige Student wegen seiner Trinkfreudigkeit den Spitznamen „Fläschle“ verpasst bekommt. Als am 5. August 1908 in Echterdingen das Zeppelin-Luftschiff LZ 4 von einer Gewitterböe erfasst wird, gehört Heinkel zu den rund 50 000 Zuschauern, die sich auf den Feldern versammelt haben. „Mir Zwanzigjährigem war die Zunge gelähmt vor Entsetzen“, wird er später schreiben. Und dennoch wird das Unglück zu einem Wendepunkt im Leben. Statt Wein und Frauen bestimmt nun der Flugzeugbau seinen Alltag. In ausländischen Illustrierten studiert er die Beschreibungen bereits konstruierter Maschinen. Auch der ersten internationalen Luftfahrtausstellung in Frankfurt stattet er einen Besuch ab - nachdem er eines seiner wertvollen Bücher versetzt hat, um die Reise zu finanzieren. Heinkel 1911

Das Selbststudium hat sich dennoch gelohnt, ein Jahr später entwirft Heinkel am Reißbrett sein erstes eigenes Flugzeug nach den Planvorlagen des Franzosen Henri Farman. Es bleibt nicht bei dem Modell. Der Tüftler lernt einen Mechanikermeister kennen, der ihm einen leeren Raum über seiner Werkstatt zur Verfügung stellt. Um sich das teure Baumaterial leisten zu können, nimmt er einen Kredit auf. Allerdings: Allein für den Motor wären mehrere Tausend Mark notwendig gewesen. Alternativ dazu tut es zunächst ein Bootsmotor mit 22 PS, den ihm ein Bekannter besorgt. Und ein weiteres Mal hat er Glück: Heinkel lernt einen Landtagsabgeordneten kennen, der ihm die ehemalige Reithalle der Dragonerkaserne kauft, die auf dem Wasen als Flugzeugschuppen aufgestellt wird.

Von nun an werkelt Heinkel Tag und Nacht. Die ersten Flugversuche auf dem Cannstatter Wasen erfolgen - zunächst jedoch erfolglos. Das Flugzeug ist so schwer, dass es nicht abhebt. Erst als der Doppeldecker einen 50 PS-Motor erhält, geht er in die Luft. Immerhin zehn Meter sind es im Mai 1911. Von da an startet Heinkel fast täglich mit seiner Maschine. Für seine Bemühungen wird er nicht selten mit durchgebogenem Gestänge „belohnt“.

Ernst Heinkel als Student der Technischen Hochschule in Stuttgart. Foto aus „Ernst Heinkel - Pionier der Schnellflugzeuge“, Bernard & Graefe Verlag, 1999

Am 19. Juli 1911 geht der 23-Jährige erneut in die Luft. Er hat an diesem Tag kein gutes Gefühl im Bauch, eine „dunkle Ahnung“ habe ihn befallen, sagt er später. Nach kurzer Zeit ist der Doppeldecker 40 Meter hoch, das Flugzeug nimmt Kurs auf Untertürkheim. Eine Rechtskurve wird ihm zum Verhängnis. Es gelingt dem jungen Flugpionier nicht mehr, die Maschine wieder in eine horizontale Lage zu bringen. Das Flugzeug dreht sich immer weiter in Richtung Erde Als es auf dem Boden aufschlägt, hat Heinkel bereits das Bewusstsein verloren. Stocka, der Daimler-Arbeiter, zerrt den Bruchpiloten aus den Trümmern und schleppt ihn rechtzeitig zur Seite, bevor der Benzintank explodiert. Um Heinkels Leben zu retten, gibt es für die Ärzte allerhand zu tun. Über den ganzen Kopf hat er einen Bluterguss, das Schädeldach ist ebenso wie der Ober- und Unterkiefer gebrochen, er blutet aus Nase und Ohren. Auch leichte Verbrennungen kennzeichnen sein Gesicht. Der linke Oberschenkel ist ebenso gebrochen wie ein Finger der rechten Hand. Sechs Wochen dauert es, bis er das Krankenhaus in Cannstatt wieder verlassen darf. Zuhause erwartet ihn aber lediglich ein riesiger Schuldenberg.

Mit der Selbstständigkeit ist von nun an Schluss. Der 23-Jährige nimmt eine Stelle bei einem Flugzeugwerk an, wo er zunächst Chefkonstrukteur, später technischer Direktor wird. 1922 gründet er sein eigenes Flugzeugwerk in Warnemünde. 500 Maschinen wird er in den folgenden Jahrzehnten entwerfen, die Mehrzahl davon weist das Kürzel „He“ vor ihrer Kennziffer auf. Während des Zweiten Weltkriegs - der Blütephase des Unternehmens - sind in den Niederlassungen und Hauptwerken der Flugzeugfabrik bis zu 50 000 Personen tätig - darunter viele Zwangsarbeiter und Häftlinge aus Konzentrationslagern. Nach dem Krieg wird das Werk geschlossen und größtenteils demontiert. Ernst Heinkel bleibt nur das Werk im Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen, das er 1950 wieder eröffnen kann. 1958 stirbt er im Alter von 70 Jahren - sechs Tage nach seinem Geburtstag.

Dass es nach 1911 kaum Fotos gibt, die Ernst Heinkel in Flugzeugen zeigen, liegt übrigens an seinem damaligen Absturz. Fortan sei er nur noch geflogen, wenn es unumgänglich war - und dabei habe er dann „kalten Schweiß auf der Stirn“ gehabt.

Mittwoch, 31. August 2005 - aus Schweriner Volkszeitung www.svz.de

Ernst Heinkel - Vom Konstrukteur zum Unternehmer

Heinkel aus Wikipedia.de1911 baut Heinkel sein erstes Flugzeug
1922 steht sein Flugzeugwerk in Warnemünde

Um der Persönlichkeit Ernst Heinkels einigermaßen gerecht zu werden, stelle ich ihn in dieser Serie als Techniker, Unternehmer und als Menschen vor.

Mein Wunsch nach wissenschaftlicher Aufarbeitung Heinkels wurde durch die "Heinkel-Kommission" nur zum Teil erfüllt. Deren Gutachten wirft ein vorwiegend negatives Licht auf die Heinkel-Werke. Innovative Leistungen werden abgewertet und hinterlassen bei historisch interessierten Bürgern Rostocks einen faden Nachgeschmack. Die Experten aus Hamburg, Bochum und Brandenburg agierten ohne Rostocker "Herzblut", aber mit erhobenem Zeigefinger über die Luftfahrttraditionen zwischen 1912 und 1945 in unserer Heimatstadt. Ich kann mich dem Rostocker Historiker Dr. Volker Koos in seiner Einschätzung nur anschließen, wonach "die Besetzung mit fast ausschließlich zeitgeschichtlich orientierten Historikern und Vertretern von Opferverbänden gewollt war". Das engte die Perspektive nur auf die Aspekte Rüstungskonzern und Zwangsarbeit ein.

Meine Identifizierung mit der Rostocker Luftfahrtgeschichte ist lange gewachsen. Meine Familie verkörpert in geradezu idealer Weise die Rostocker Heinkelgeschichte der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und der DDR. Ich bin stolz auf die Lebensleistung meines Großvaters und meines Vaters – oder darf ich nicht stolz sein?

In dem kleinen Remstal-Dorf Grunbach wurde Ernst Heinkel am 24. Januar 1888 geboren. Seine Lehrer merkten schnell, dass der junge Heinkel für die Realschule in Schorndorf und bald darauf für die Oberrealschule in Cannstatt taugte, wo er als einer der sechs Besten sein Abitur ablegte.

Schock von Versailles und beginnender Aufstieg

Heinkel wollte Ingenieur werden, das stand für ihn fest. Nach einem Praktikum in der Firma Grotz in Bissingen wurde er an der Technischen Hochschule in Stuttgart immatrikuliert. Am 5. August 1908 wurde er Zeuge eines furchtbaren Brandes des Zeppelinluftschiffes LZ 4 in Echterdingen. Dieses Ereignis und der Besuch der internationalen Luftfahrtausstellung in Frankfurt/Main bestärkten ihn in dem Entschluss, Flugzeugkonstrukteur zu werden.

Ohne große Erfahrung, aber mit einem unbändigen Ehrgeiz und Elan stand er schließlich vor seinem ersten selbstgebauten Flugzeug. Es folgten unzählige Flugversuche, die er fast mit seinem Leben bezahlte.

1911 Rotenberg

Am 19. Juli 1911 stürzte Heinkel aus 40 Metern Höhe über Untertürkheim ab und verletzte sich schwer.

Kaum genesen, gab er sein Studium auf und widmete sich nur noch dem praktischen Flugzeugbau. Seiner erste Stellung als Flugzeugkonstrukteur bei der Luftverkehrsgesellschaft in Johannistal folgten eine Anstellung als Konstrukteur der Albatros-Flugzeugwerke. Danach war er technischer Direktor der Brandenburgischen Flugzeugwerke.

Mit dem Kriegsende 1918 und dem daraus folgenden Versailler Vertrag (völliges Verbot jeglicher Luftfahrt und -industrie in Deutschland) brach für Ernst Heinkel eine Welt zusammen. Er, der in den vergangenen Jahren mehr als 50 Flugzeugtypen für Armee und Marine konstruiert hatte, sollte jetzt seine Hände in den Schoß legen?

1921 ergriff er eine neue Chance. Carl Caspar, ein Gesellschafter der Brandenburgischen Flugzeugwerke, brauchte Heinkel als Konstrukteur, um einen Auftrag mit den USA zu realisieren. Am 5. Mai 1922 wurde das absolute Bauverbot für Flugzeuge in Deutschland aufgehoben. Noch in derselben Nacht entschloss sich Ernst Heinkel, sein eigenes Werk zu errichten.

Am 1. Dezember 1922 wurde an der Halle 3 des ehemaligen Seeflug-Versuchskommandos in Warne- münde/Hohe Düne das Schildt befestigt: "Ernst Heinkel Flugzeugwerke".

Der bald einsetzende Erfolg beruhte auf Heinkels Fähigkeit, riskante Entwicklungsaufträge kaufmännisch tragbar zu gestalten, und seiner Dynamik, eine Fülle neuer Flugzeugtypen in angemessener Zeit zur Reife zu bringen. Und: Er hatte einen untrüglichen Instinkt für gute Leute, denen er Höchstleistungen abringen konnte. Durch seine Persönlichkeit band er hervorragende Mitarbeiter an sich, zum Teil auf Lebenszeit, wie Josef Köhler, Karl Schwärzler, Erich Kleinemeyer und Siegfried Günter.

Heinkels Durchsetzungsvermögen und Organisationstalent halfen ihm bei der Leitung seiner Werkstatt, seiner mittelständischen Firma und später des Großbetriebes. Durch seine kaufmännische Weitsicht (Lizenzvergabe, Exportverträge) überstand das Heinkel-Werk als expandierendes Unternehmen auch die Weltwirtschaftskrise 1929/32. Metallbau, aerodynamische Tests im Windkanal, glatte Flächen, die mit neuartigen Sprungnieten zusammengefügt werden, sind einige der Standards, die Heinkel technischen und technologischen Vorsprung sicherten. Fleiß, Ordnung, Leistung, Qualität und Schnelligkeit – das waren die Kennzeichen eines "Heinkelaners". Das geflügelte Wort vom "Heinkel-Tempo"machte in Rostock damals die Runde.

Klubhaus
Ca. 1915: Württ. Flugsport-Klub auf dem Untertürkheimer Wasen - auf Höhe vom heutigen Martin-Schrenk-Weg

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