Untertürkheim. Bernd Konrad ist der einzige Jazzprofessor in Stuttgart. Mit Preisen überhäuft und dem Bundesverdienstkreuz geadelt, hat er einen festen Platz unter den besten Musikern der Welt.
Starallüren scheinen ihm fremd. Seine Studenten nennen ihn schlicht und einfach „Bernd". Kommt die Sprache auf die unzähligen nationalen und internationalen Preise, mit denen der Ausnahmemusiker im Laufe der Jahre überschüttet wurde, gerät selbst er durcheinander. Da hilft nur ein Blick ins Jazzlexikon, in dem er einen festen Platz zwischen all den anderen internationalen Musikgrößen hat. Aufgeklappt bei „K" wie „Konrad" liegt das Nachschlagewerk neben seinem Eiskaffee auf dem Tisch. Er überfliegt die Zeilen, versucht, sich auf den eineinhalb Seiten, die seinem beruflichen Schaffen gewidmet sind, zurechtzufinden.
Protzen, das liegt dem seit 1979 in Untertürkheim lebenden Musiker trotz aller Erfolge nicht. „Das ist einfach alles so gekommen", sagt er. Bei Hamburg geboren, wuchs Konrad in Konstanz auf. „Wir waren sehr arme Leute", so der 55-Jährige. Sein Vater war Schneidermeister, die Mutter verdiente ihr Geld damit, Laufmaschen in Strümpfen zu reparieren. „Mein Onkel spielte Saxophon und Klarinette in einer Tanzkapelle", sagt Konrad. „Bei ihm lernte ich Geige spielen." Darauf erzählt er die Geschichte, wie er auf dem Dachboden das Saxophon des Onkels entdeckt hat. „Seither schlug mein Herz nur noch für dieses faszinierende Instrument."
Der Berufswunsch stand damit fest. Musiker wollte er werden. Doch Saxophon konnte man zu jener Zeit an keiner Hochschule in Deutschland studieren. Dann musste es eben die wenig geliebte Klarinette sein. „Für ein Semester" kam er 1968 nach Stuttgart an die Musikhochschule. „Das war mein Plan, denn eigentlich konnte ich mir kein Studium leisten." Mit Jobs wie Möbelpacker, Obstverkäufer und Matrose an der Fähre in Konstanz hielt er sich über Wasser. Aus dem einen Semester wurden schließlich 21. Ein halbes Jahr an der Berclee-School in Boston inklusive.
1986 wurde er zum Jazzprofessor an der Musikhochschule berufen - als einer der jüngsten Professoren überhaupt. Die amerikanischen und europäischen Mitbewerber hatte der bereits damals preisgekrönte Musiker ausgestochen. „Doch damit ging die eigentliche Arbeit erst los", sagt er. „Das Studienfach Jazz- und Popularmusik gab es nämlich bis dahin an der Musikhochschule nicht. Ich hatte keine Ahnung, was die Lehrpläne enthalten sollten."
Heute betreuen in seinem Studiengang 17 Dozenten rund 45 Studenten. Jedes Jahr bewerben sich etwa 140 Nachwuchsmusiker um einen Studienplatz. „Davon können wir maximal acht annehmen", sagt Konrad. „Und das sind dann die Besten der Besten." Konrad selber ist von mittwochs bis freitags an der Hochschule. Die restliche Zeit verbringt er in Konstanz, auf Tourneen oder mit Komponieren. Stücke schreiben ist für ihn „das Härteste, aber auch gleichzeitig das Schönste überhaupt". Er hat Titelmelodien und Filmmusiken geschrieben, für die New Yorker Philharmoniker komponiert und Songs für die Rolling Stones. Die Rechte hat er an Mick Jagger verkauft. „Es waren zwei Songs", sagt Konrad, „mehr darf ich darüber nicht verraten".
Bernd Konrad: Professor, Musiker und Komponist. Foto: Brigitte Wahlers
1981 hat er das Landesjugend-Jazzorchester gegründet, das er bis heute betreut. Zweimal im Jahr treffen sich die 24 Mitglieder zu einwöchigen Arbeitsphasen. Im Herbst geht's auf eine gemeinsame Tournee nach Asien. Für sein „künstlerisches und pädagogisches Schaffen" wurde Konrad 2001 das Bundesverdienstkreuz an die Brust geheftet.
Brigitte Wahlers